Philipp Ulrich über Pflegenotstand und Pflegeskandale, über erschöpfte und von Burnout gefährdete Menschen, die Tag für Tag viele Stunden, oft „von dunkel bis dunkel“, in der Pflege bzw. der Betreuung arbeiten
Pflegekräfte werden sehr geschätzt
Diese Arbeit und Leistung wird von der Bevölkerung auch entsprechend gewürdigt. Doch einer der häufigsten Sätze, welche das Personal täglich zu hören bekommt, lautet: „Ich weiß, ihr könnt‘s ja eh nichts dafür, aber…“ In den Heimen ist der Druck aufgrund des Betreuungsschlüssels besonders hoch. Zwei bis drei Menschen betreuen und pflegen oftmals zwei Dutzend Menschen über viele Stunden hindurch. (Nachtdienst nur zwei Personen für bis zu 100 BewohnerInnen!) Der Begriff des „Bandelarbeitens“ hat unter den Angestellten längst Fuß gefasst. Krankenstände, hohe Personalfluktuation und leider auch Pflegefehler nehmen zu.
Notorisch über-lastet und unter-bezahlt
Der Bedarf an Pflegekräften ist in den letzten Jahren praktisch explodiert. Obwohl immer mehr Heime errichtet werden, kann der Bedarf trotzdem nicht einmal annähernd gedeckt werden. Die ohnehin niedrige Bezahlung von Pflegekräften ist in privaten und gemeinnützigen Pflegeheimen noch schlechter als bei den Pflegeeinrichtungen des Landes. Der jüngste Kollektivvertragsabschluss in der Sozialwirtschaft mit einer Anhebung der Gehälter um 3,2 % sowie einer um 100 Euro höheren Entschädigung für Lehrlinge ist zwar ein Anfang, ändert aber noch lange nichts am Umstand, dass Pflegekräfte – verglichen mit anderen Berufen – notorisch unterbezahlt und vor allem dermaßen überlastet sind, dass bis zu 70 % der Beschäftigten nur in Teilzeit arbeiten – Gehaltseinbußen inklusive. Die Chance, durch eine Reduktion der Normalarbeitszeit auf 35 Stunden pro Woche sowie eine zusätzliche Urlaubswoche eine Attraktivierung der Pflegeberufe zu erreichen, wurde einmal mehr vertan.

Politik muss handeln
Mobile Leistungen als Ersatz für eine Heimunterbringung werden auf die Gemeinden abgeschoben und können nur schwer finanziert werden. Der 24-Stunden-Betreuung durch billigere Arbeitskräfte aus Osteuropa konnte die Politik bisher noch keine praktikable Alternative entgegenhalten.
In der Steiermark ist der Anteil privater Pflegeheime besonders hoch. Viele von ihnen werden von international agierenden Konzernen geführt, deren Ziel es ist, für die Investoren entsprechende Gewinne zu erwirtschaften. Zahlen muss dafür freilich die öffentliche Hand. Die KPÖ fordert seit Jahren eine Trendumkehr: hin zu mehr öffentlichen Pflegeeinrichtungen, die nicht gewinnorientiert arbeiten.
Druck wirkt!
Nur wenn wir für mehr Bewusstsein sorgen und Druck auf die politisch Verantwortlichen aufbauen, ändert sich etwas. Als kleiner Erfolg lässt sich verbuchen, dass – nach stets mit Nachdruck eingebrachten Forderungen der KPÖ im Landtag – für den Zeitraum 2016 bis 2019 eine erste Anhebung bei der Zahl der Pflegekräfte um mehr als 800 zusätzliche Dienstposten für alle steirischen Pflegeheime sowie eine Mindestanwesenheit von Pflegepersonal im Nachtdienst erreicht werden konnte. Doch damit darf die Entwicklung noch nicht abgeschlossen sein.
Pflegeberufe attraktivieren
„Beim Berufsbild der Pflegekräfte handelt es sich um eine emotional und körperlich anstrengende, verantwortungsvolle und bisher zwar hoch geschätzte, aber umso schlechter bezahlte Arbeit“, betont auch Gesundheits- und Pflegestadtrat Robert Krotzer. „Umso mehr ist es ist höchst an der Zeit, dass die Pflegeberufe attraktiviert werden“, so Krotzer. „Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt seit Jahren. Daher dürfen wir nicht tatenlos zusehen und nur Hochglanzbroschüren und schöne Worte produzieren, während ein Pflegenotstand unaufhaltsam auf uns zurollt.“